Die Vertretung der MuslimInnen in Österreich kommt nicht zur Ruhe. Im Mittelpunkt steht die umstrittene Wahl des neuen IGGiÖ-Präsident Ibrahim Olgun.
Donnerstagvormittag im Wiener Presseclub Concordia Österreich, die Stimmung ist angespannt. Die Vertreter der Arabischen Kultusgemeinde Österreich und der Kultusgemeinde Multikulturelle Moscheeeinrichtungen laden zu einer Pressekonferenz zur aktuellen Situation der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ). Grund ist die in ihren Augen verfassungswidrige Wahl des neuen Präsidenten und ATIB-Vertreter Ibrahim Olgun.
ATIB gilt in Österreich als verlängerter Arm des türkischen Religionsministeriums. Die klagenden Parteien sprechen von einer „Türkisierung“ und „dramatischen Missständen“ in der offiziellen Vertretung der MuslimInnen. Sie verweisen dabei auf die Rolle des Rechtsanwalt Metin Akyürek, der nicht nur im ATIB-Bundesvorstand sitzt, sondern zugleich den türkischen Botschaftsrat für religiöse Angelegenheiten, Fatih Karadas, als auch den designierten IGGiÖ-Präsidenten in Rechtsfragen berät. Umso skurriler erscheint der Umstand, dass Akyürek dem IGGiÖ-Schiedsgericht, das sich mit der Wahlanfechtung auseinandersetzt, vorsitzt.
Schwerer Vorwurf gegen Bundesbeamten
Ein weiterer schwerer Vorwurf der beiden Kultusgemeinden ist die Behauptung, wonach Oliver Henhapel, Leiter des Kultusamtes im Bundeskanzleramt und Mitautor des neuen Islamgesetzes, den türkischen Kultusgemeinden zur Machtübernahme verholfen haben soll. Dabei verweisen die beiden Parteien auf seine maßgebliche Rolle bei der neuen Verfassung der IGGiÖ.
Er habe das zu Beginn von ihm als mangelhaft zurückgewiesen Dokument mehrmals anpassen lassen und am Ende innerhalb von 24 Stunden genehmigt. Die Verfassung sieht ein Vorlegen beim Gremium des Schurarats vor, das in diesem Zeitraum weder stattgefunden noch möglich gewesen wäre. Dies sei laut den beiden Kultusgemeinden ein Eingriff des Staats in die inneren Angelegenheiten einer Religionsgesellschaft und somit ein Verstoß gegen Artikel 15 des Staatsgrundgesetzes.
In einem Standard-Artikel geht Henhapel nur kurz auf die Vorwürfe ein. Die knappen Fristen seien wichtig gewesen, um das Verfahren nicht zu sehr in die Länge zu ziehen. Dies hätte etwa die Neubestellung von ReligionslehrerInnen blockieren können. Zudem werde innerhalb der nächsten 14 Tage über die Wahlanfechtung entschieden. Die klagenden Parteien kündigen bereits ein volles Ausschöpfen aller Rechtsmittel an.
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