Bei seinem jüngsten Besuch in Bosnien-Herzegowina, warnte Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) vor islamistischen Tendenzen auf dem Balkan. Auf seiner Reise nach Sarajevo sprach Kurz über „gefährliche Tendenzen“, einem Islam „europäischer Prägung“ sowie einem „Vorgehen gegen Islamisten“. Zudem gäbe es „viel Einfluss von Saudi-Arabien und anderen Ländern, die versuchen, den Islam zu verändern“.
Während sich die Berichterstattung mit diesen Aussagen begnügte, blieb die Antwort des ehemaligen bosnischen Großmuftis Mustafa Ceric in den Medien ungehört. In einer Rede zum Beginn des Fastenmonat Ramadan, übte er scharfe Kritik an den Ausführungen des österreichischen Außenministers.
Ceric zeigte sich empört, dass das offizielle Österreich den 20. Jahrestag des Genozids an den Bosniaken nicht thematisiere. Stattdessen, so der ehemalige Großmufti, attackiere der österreichische Minister mit erhobenem Zeigefinger und haltlosen Vorurteilen das bosnische Volk. Er verwies dabei auf die Aussage von Papst Franziskus, der Sarajevo als „europäisches Jerusalem“ bezeichnet, sowie die langjährige und innige Freundschaft Österreichs mit Bosnien-Herzegowina.
Die Bosniaken wurden „europäisch verraten“
Es zeuge nicht von einem guten Willen, wenn Außenminister Kurz vorschreibe, wer die im Krieg zerstörten Moscheen neu errichten darf und wer den Menschen bei der „Heilung der Wunden des Genozids“ beistehe.
„Gerade an den so genannten europäisch geprägten Bosniaken, die weder Salafisten waren noch aus Saudi-Arabien stammten, wurde einst der Völkermord verübt. Sie wurden von Europa verraten und alleine gelassen“, so Ceric in einer emotionalen Rede.
Abschließend verwies er darauf, dass die Bosniaken moralische Predigten, die wie Drohungen klingen, ablehnen. Bosnien sei die „Hoffnung und der Edelstein Europas“, der stets für seine „Glaubensgeschwister und ihre Freunde“ offen ist.
Quelle: KISMET Online/Bosnjaci.net
Foto: Dragan Tatic